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Es wird bunt: Bierfarbe aus Schüttung berechnen

Einleitung

Bernsteinfarben, schwarz, rot oder braun: Abseits der blonden Lager existiert das Produkt Bier innerhalb eines weitreichenden Farbspektrums. Neben einem nicht weltweit normierten Vokabular (Tab. 1) dienen auch verschiedene Messgrößen (Abb. 1) zu dessen Beschreibung. Großteils verantwortlich für diese Farbvielfalt ist die Malzzusammenstellung in einem Bierrezept. Wie daraus die zu erwartende Bierfarbe näherungsweise berechnet werden kann, wird in diesem Artikel demonstriert.

Tab. 1: Farbvokabular (Brücklmeier, 2018, S. 34)
Farbeindruck EBC
Hellgelb 1
Strohgelb 5
Goldgelb 10
Bernstein 15–20
Kupfer 25–30
Hellbraun 35–40
Braun 45
Dunkelbraun 50–55
Schwarz 60

Abb. 1: EBC RGB Simulation für 7,5 cm Glasdurchmesser (Ascher, 2022)

Messung der Bier- und Würzefarbe

Zur Bestimmung der Bierfarbe existieren mehrere Messskalen und Messverfahren. Die älteste, die davon noch in Gebrauch ist, heißt Lovibond Skala. Sie wurde vom Brauer Josep W. Lovibond ab 1885 zusammen mit einem Messgerät, dem Tintometer, entwickelt. Damit wird per visuellem Eindruck von einer Person eine aufbereitete Bierprobe mit verschieden gefärbten Glasscheiben verglichen, um einen Messwert zwischen 2 bis 70 °L (hell bis dunkel) zu ermitteln. Unterschiede in der menschlichen Wahrnehmung und verschiedene Umwelteinflüsse verfälschen das Messergebnis. (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021a; Shellhammer, 2009)

Im Jahr 1951 hat die American Society of Brewing Chemists (ASBC) eine neue Analysemethode (Standard Reference Method) auf Basis des Spektralphotometers zusammen mit der SRM Skala, die an die Lovibond Skala gekoppelt ist, ratifiziert. Eine bedingte Konvertierung zwischen °L und SRM ist durch Gl. 1 und Gl. 2 möglich. Die European Brewery Convention (EBC) verwendet dieselbe Messmethode mit einer anderen Skala, bei der mit einem Spektralphotometer die Lichtabsorption einer Probe bei einer Wellenlänge von 430 nm durch eine 1 cm breite Quarzglasküvette gemessen wird. Die Probe kann dabei entweder ein entgastes Bier oder eine aus einem Malz durch das Kongressmaischeverfahren hergestellte Würzeprobe sein. Der 12,7-fache Logarithmus der gemessenen Absorption entspricht dabei einem Wert der SRM Skala und der 25-fache Logarithmus der Absorption einem Wert der EBC Skala. Daraus leitet sich der Zusammenhang von Gl. 3 ab. Das menschliche Auge kann Farbunterschiede ab 80 EBC nicht mehr wahrnehmen. Auch Messgeräte generieren darüber keine zuverlässigen Messwerte mehr. Dunkle Bierproben sind daher vor der Messung zu verdünnen. (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021a; Shellhammer, 2009)

Die EBC als Messgröße hat das Problem, dass sie Farben nicht eindeutig charakterisieren kann, weil von ihr nur die Absorption im blauen Bereich des sichtbaren Spektrums berücksichtigt wird. Zwei visuell unterschiedliche Proben, die in den anderen Spektrumsbereichen verschieden absorbieren, können daher einen gleichen EBC Messwert generieren (Shellhammer, 2009). Gedarrtes Malz, wie Karamellmalz, erzeugt in einer Schüttung bei gleichem Messwert rötliche Farbtöne und geröstetes Malz braune Farbtöne (Tucker, 2017; Bies, 2020). Nicht betroffen von diesem Problem ist die von der ASBC ratifizierte zeitlich aufwendigere Tristimulus Methode, die die menschliche Wahrnehmung besser nachbildet. Bei ihr erfolgt die Messung bei mehreren Wellenlängen und deren Abbildung im CIE-Farbraum (Shellhammer, 2009).

Modelle zur Schätzung der Bierfarbe

Seit etwa Mitte der Neunzigerjahre sind im Heimbraubereich mehrere Berechnungsmodelle entstanden, die versuchen, aus den proportionalen Farbbeiträgen der Malze in einer Schüttung die zu erwartende Bierfarbe vorherzusagen. Diese Beiträge bezeichnet Daniels (1996, S. 61) als „Malt Color Units (MCU)“, Mosher (1994, S. 34) als „Homebrew Color Units (HCU)“ und Holle (2010, S. 10) als „Würze SRM“, denn die MCU beschreibt bestenfalls einen Eindruck der Würzefarbe. Bei dieser Art der Berechnung wird nicht berücksichtigt, dass dunklere Malze überproportional färben (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021b).

Aufgrund verschiedener Einflüsse während des Brau- und Gärprozesses benötigt es weitere Korrekturen, um aus der MCU eine Schätzung der Bierfarbe zu erhalten. Folgende Faktoren führen abseits der eingesetzten Malze zu einer dunkleren Bierfarbe: eine höhere Restalkalität des Brauwassers, eine feinere Schrotung, eine längere Maischedauer (Maillard-Rekation), der Einsatz intensiverer Maischeverfahren, wie der Dekoktion (Abb. 2), eine längere Kochdauer (Karamellisierung), eine höhere Stammwürze und eine stärkere Oxidation (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021b; Daniels, 1996, S. 55). Darüber hinaus haben auch die Trubbildung bei der Würzekühlung, der pH-Sturz während der Gärung und Gärnebenprodukte der Hefen und die anschließende Filtrierung Einfluss auf die Bierfarbe. Die erste weitverbreitete Korrelation, die nur einen Bruchteil der genannten Faktoren berücksichtigt, stammt vom Heimbrauer Randy Mosher, wobei sich mittlerweile das Modell von Daniel Morey weitgehend als Standard etabliert hat (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021c). Eine genaue Vorhersage müsste alle genannten Faktoren einbeziehen, deshalb formulierte Colby (2000) die Notwendigkeit der Einführung einer „New Homebrew Color Unit (NHCU)“, die eine additive und eine multiplikative Korrektur beinhaltet.

Abb. 2: Wiener Lager, Dekoktion vs. Infusion (Ascher, 2022)

Die Würzefarbe von Braumalzen, die für die folgenden Berechnungen benötigt werden, sind üblicherweise auf den Webseiten der jeweiligen Mälzereibetriebe einsehbar. Alternativ kann eine große Anzahl von Malzanalysedaten über die Obrama DB von Jörg Krüger abgerufen werden. Notwendige Konvertierungen von SI-Einheiten zu United States Customary Units erfolgen durch Gl. 4 und Gl. 5.

Burch (1993)

In der erweiterten zweiten Ausgabe des Buchs „Brewing Quality Beers“ stellt Burch (2010, S. 102) das Berechnungsverfahren in Gl. 6 vor. Er geht dabei von einer gesamten Maischedauer von 90 Minuten aus. Nachdem das Buch von Burch von 1986 bis 2010 mehrere Überarbeitungen auch innerhalb derselben Ausgabe erfahren hat, ist das Jahr der Veröffentlichung unklar.

Mosher (1994)

Nicht als Gleichung, sondern als Nomogramm, ist das Modell von Mosher (1994, S. 34) ausgeführt. Die Datengrundlage dafür waren verfügbare Rezepte und Messwerte von kommerziellen Bieren (Morey, 2004). Zur Berechnung nach Mosher ist die MCU nach Gl. 7 zu bestimmen. Danach wird per Nomogramm der resultierende SRM Wert korreliert. Die Gl. 8, die stattdessen verwendet werden kann, wird Mosher von Morey zugeschrieben. In der ursprünglichen Quelle ist sie aber nicht enthalten.

Mosher (2015, S. 258) hat ebenfalls eine metrische Variante der Gl. 7 mit dazugehörigem Nomogramm veröffentlicht. Diese unterscheidet sich von den Berechnungen der folgenden metrischen Modelle und dürfte im Heimbrauumfeld keine wesentliche Verbreitung erlangt haben.

Daniels (1995)

In seinem Buch „Designing Great Beers“ hat Daniels die Korrelation von SRM zu MCU in Tab. 2 auf Basis von Messungen von kommerziellen und heimgebrauten Bieren mit bekannten Rezepten definiert (Daniels, 1996, S. 59). Mit der Tabelle und Gl. 7 ist der resultierende SRM Wert zu bestimmen. Die Daten von Tab. 2 bilden ebenfalls die Grundlagen für die lineare Funktion in Gl. 9, die Morey Daniels zuschreibt, und die Exponentialfunktion in Gl. 10 von Druey (1998). Holle (2010, S. 10) verwendet die gleichen Daten für Farbvorhersagen, berechnet die MCU jedoch nach Gl. 6.

Tab. 2: Korrelation von SRM und MCU (Daniels, 1996, S. 61)
SRM EBC MCU
1–10 2–20 1–10
11–20 22–39 8–12
21–30 41–59 11–15
31–40 61–79 14–17
41–50 81–98 17–20
50–85 98–167 20–30
>85 >167 >30

Noonan (1996)

Die Rechenblätter von Noonans Buch „New Brewing Lager Beer“ enthalten die Korrelation von Tab. 3. Druey (1998) formulierte hierzu die Exponentialfunktion in Gl. 11, die in Verbindung mit Gl. 7 zu verwenden ist.

Tab. 3: Korrelation von SRM und MCU (Noonan, 1996, S. 206)
SRM EBC MCU
1–10 2–20 1–10
10,5 21 10,8
11 22 11,6
11,5 23 12,4
12 24 13,3
12,5 25 14,1
13 26 14,9
13,5 27 17,7
14 28 18,6
14,5 29 20,5
15 30 22,4
15,5 31 24,3
16 32 26,2
16,5 33 28,1
17 33 30
17,5 34 32,9
18 35 35,8
18,5 36 38,8
19 37 41,9
19,5 38 45
20 39 47,8

Morey (1996)

Heimbrauer Daniel Morey war unzufrieden mit der Farbvorhersage, die er in seine Brausoftware auf Basis der MCU ohne zusätzliche Korrekturen integriert hatte. Diese berechnete seiner Meinung nach zu hohe SRM Werte. Im mittlerweile nicht mehr erhältlichem Brewing Techniques Magazin erfuhr er dann 1995 von den Modellen von Mosher und Daniels. Zunächst wollte er alle Korrelationen in ein Berechnungsmodell zusammen- führen, entschied sich aber dann dazu, die ihm vorliegenden Daten so zu modifizieren, dass es möglich war, eine seinen Annahmen entsprechende Kurve einzupassen. (Smith, 2010)

Gl. 12 beruht auf folgenden Annahmen: Bis zu einem Betrag von 10 entspricht die MCU ungefähr dem zu erwartenden SRM Messwert, ab 10 MCU liefert das Daniels Modell eine bessere Korrelation, über 37 MCU das Mosher Modell. Das menschliche Auge kann keine Farbunterschiede über 40 SRM mehr feststellen, es erfolgt daher eine Beschränkung auf 50 SRM. Insgesamt ist eine Abweichung von 20 % oder höher vom realen Messwert zu erwarten. Abb. 3 zeigt die Unterschiede zu den zuvor beschriebenen Berechnungsverfahren. (Morey, 2004)

Abb. 3: Korrelation zwischen SRM und MCU (Ascher, 2022)

Hanghofer (1999)

Das Modell von Hanghofer basiert auf metrischen Einheiten und bestimmt die MCU nicht in Bezug auf das Volumen der Anstellwürze, sondern auf das trockene Schüttungsgewicht (Gl. 13). Es ist ein Korrekturfaktor für die Stammwürze vorgesehen (Gl. 14) sowie ein Korrekturwert für eine übermäßige Zufärbung bei hellen Bieren (Gl. 15), die empirisch ermittelt werden muss und üblicherweise zwischen 2 und 4 EBC liegt. Die gesamte Berechnung erfolgt gemäß Gl. 16. (Hanghofer, 1999, S. 76)

In einer neueren Publikation wurde der Korrekturfaktor für die Stammwürze inzwischen zu Gl. 17 angepasst. (Hanghofer, 2019, S. 78)

Krüger (2019)

Abgesehen von einer zusätzlichen Korrektur für eine Zufärbung über die Kochdauer (Gl. 18) entspricht das Krüger Modell dem Hanghofer Modell von 1999. Die Berechnung nach Krüger (2019) erfolgt gemäß Gl. 19.

Weyermann (2021)

Von der Weyermann Mälzerei wird die dem Hanghofer und Krüger Modell ähnliche Gl. 21 für Farbvorhersagen eingesetzt. Sie enthält zwei Korrekturen für die Stammwürze in der Form von Gl. 14 und Gl. 20. (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021c)

Modellvergleich

Bei einem Versuch, bei dem die photometrischen Messdaten von 19 in der Weyermann Braumanufaktur herstgellten Bieren mit Modellvorhersagen verglichen wurden, kamen Kraus-Weyermann und Dornbusch (2021c) zum Schluss, dass die von den untersuchten Modellen das Weyermann und das Krüger Modell die geringsten Abweichungen erzeugen (Tab. 4). Wie erwartet liefert kein Modell durchgehend perfekte Ergebnisse, teilweise liegen die Schätzungen unter oder über den Messwerten. Bei Modellberechnungen sind darüber hinaus auch Rohstoffschwankungen bei Malzen zu berücksichtigten. Während das Weyermann Pilsner Malz laut Datenblatt einen Würzefarbebereich von 2,5 bis 4,5 EBC hat, liegt dieser beim CARAAMBER zwischen 60 und 80 EBC.

Tab. 4: Modellabweichung von Messwerten (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2021c)
Modell Mittlere Abw. [%]
Daniels-Linear -14,4
Krüger 6,9
Morey -51,8
Mosher-Linear -57,2
Weyermann -2,1

In einem weiteren Versuch der Weyermann Braumanufaktur wurden drei untergärige Biere nach böhmischer Brauart mit einem Ausschlagsvolumen von 275 l hergestellt: ein Pilsner (Tab. 5), ein Bernsteinfarbenes und ein Dunkles (Tab. 6). Auf Basis dieser Biere wurden die Modellvorhersagen von Tab. 7 und die Abweichungen von Abb. 4 mit folgenden Annahmen berechnet: Die Kochdauer entspricht 75 Minuten und es erfolgt eine Zufärbung durch kHell von 2 EBC. Nachdem für die Malze keine Würzefarbe in Lovibond gegeben ist, erfolgt eine Umrechung von EBC über die Näherung 1 °L = 2,65 EBC. Auch wenn die meisten Ergebnisse von Tab. 7 in der Größenordnung der Vorhersagen von Kraus-Weyermann und Dornbusch (2022) liegen, sind dennoch einige ungeklärte hohe Abweichungen zu verzeichnen. Sie sind im Fall des bernsteinfarbenen Biers so hoch, dass auf einen eigenen Vergleich verzichtet wurde. Für das Dunkle berechnen Kraus-Weyermann und Dornbusch (2022) mit dem Krüger Modell (Gl. 19) einen Farb- wert von 65,7 EBC. Ohne Berücksichtigung der Korrekturen durch kHell und kKd sollte der Wert aufgrund der Angaben von Tab. 6 aber mindesten 86,7 EBC betragen.

Tab. 5: Pilsner mit 11,7 °P und 10 EBC (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2022))
Malz Gewicht [kg] Farbe [EBC]
Pilsner Tennenmalz 42,8 3,75
CARAPILS 2,3 4,5
Sauermalz 0,9 6
CARABOHEMIAN 0,5 195
Tab. 6: Dunkles mit 12,3 °P und 80 EBC (Kraus-Weyermann & Dornbusch, 2022)
Malz Gewicht [kg] Farbe [EBC]
Pilsner Tennenmalz 39,1 3,75
CARAPILS 2,4 4,5
Sauermalz 0,9 6
CARABOHEMIAN 2,4 195
CARAFA Typ 3 1,9 1400
Tab. 7: Modellvorhersage für Tab. 5 und Tab. 6 (Ascher, 2022)
Modell Pilsner [EBC] Dunkles [EBC]
Daniels-Druey 7 34
Daniels-Linear 18 31
Hanghofer 1999 9 89
Hanghofer 2019 10 98
Krüger 11 91
Morey 6 36
Mosher-Linear 11 32
Noonan-Druey 10 48
Weyermann 12 92

Abb. 4: Modellabweichung für Tab. 5 und Tab. 6 (Ascher, 2022)

Berechnungsbeispiel

Für einen Sud mit einer Schüttung bestehend aus 4 kg Pale Ale Malz (5,5 EBC) und 0,25 kg Karamellmalz (110 EBC) bei einer Stammwürze von 12 °P ist die zu erwartende Bierfarbe abzuschätzen. Berechne diese mithilfe des Weyermann Modells. Unter der Anwendung von Gl. 21 ergibt sich folgender Berechnungsweg:

Zusammenfassung

Quellen

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