Melanoidinmalz – Wo ist das Problem?

Melanoidine sind chemische Verbindungen die entstehen, wenn Zucker mit Aminosäuren und Proteinen reagieren. Gewöhnlich passiert das im Rahmen der sogenannten Maillard-Reaktion, ohne die es in der Küche um einiges trostloser zuginge. Melanoidine tragen zum Geschmack von Brotrinde, Kaffee und Schweinsbraten bei. Und sie sind, ihr ahnt es schon, auch reichlich in Melanoidinmalz zu finden. 

Ein Malz das mich zunehmend zu interessieren begann.
Warum? In diversen Foren und Onlineshops wird beinahe schon vorm Einsatz dieses Malzes gewarnt. Niemals mehr als 20 % Schüttungsanteil, es droht die Un-Trinkbarkeit, am besten – und wenn überhaupt – dann maximal 10 % zum Erzielen einer rötlichen Farbe und eines vollen Malzkörpers aber nicht mehr – Satans-Malz und Sud-Killer.
Die Probe aufs Exempel – sprich: Erfahrungsberichte über Sude jenseits der scheinbar magischen 20 % Melanoidinmalz-Schallschüttungsgrenze konnte ich nicht finden.

Ergo: Selbstversuch. Schüttungsanteil: 100 % Melanoidinmalz (Weyermann). 

Bei den Horrorgeschichten, die im Netz über dieses Blutmalz kursieren, erwartete ich schon bei jedem eingemaischten Gramm jenseits der 20%, dass gleich ein Monstrum aus der roten Pampe fährt und mir das Gesicht wegfrisst.

Na dann:
5000 g auf 20 L Hauptguss.
Eimaischen bei 40 °C für 20 min
55 °C/10 min
65 °C/80 min
78 °/20 min (Läuterruhe)
Nachguss: 7 L

Die Kombirast zog sich – war aber aufgrund der verminderten Enzymaktivität zu erwarten. Puristen werden hier sicherlich die Nase rümpfen, aber nach der vierten positiven Jodprobe wurden kommentarlos Amylase-Präparate auf die Einkaufsliste gesetzt. Hopfenwunder sollte dieser Experimentalsud auch keines werden, daher schlicht und bescheiden:
Polaris 6 g/Aurora 4 g für 90 min
Polaris 6 g/Aurora 10 g für 20 min
Polaris 6 g /Aurora 15 g für 0 min
In Summe ca. 25 IBU (und passend zum Satans-Malz die 3 fache 6 für den Polaris)

Wie dem auch sei: angestellt wurde bei einer Stammwürze von ca. 12.5 °P
Hefe: 11 g Safale US-05; die Gärung kam nach 12 h an und verlief problemlos.

Ums kurz zu machen: Das Endergebnis haute nicht vom Hocker, war aber von „untrinkbar“ weit entfernt. Bei einer Trinktemperatur jenseits der 10 °C entwickelt sich das Bier geruchs- und geschmacksmäßig zur Erdbeersuppe, die Schaumstabilität blieb dabei stets in akzeptablem Rahmen – gerade hier war eigentlich gegenteiliges zu erwarten. Bemerkenswert ist die leichte Röstbittere, die als Nachgeschmack am Gaumen hängen bleibt: irgendwo zwischen Brotkruste, und verbranntem Semmelknödel, als ob man Mamas Lieblings-Geschirrhangerl versehentlich am Rescho vergessen und dann an den kremierten Überresten gelutscht hat. Bei gleicher Schüttung und höherer Stammwürze dürfte sich der Nachgeschmack vermutlich weitaus heftiger auswirken. Unterm Strich war das größte (und eigentlich einzige) Problem die Stärkekonversion – mit ein bisschen Amylasen-Feenstaub leicht zu beheben.  Trinkbar war’s in jedem Fall.

Für all jene, die sich näher mit der Materie beschäftigen wollen, hier ein paar weiterführende Links:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/j.2050-0416.2004.tb00188.x/pdf
http://brulosophy.com/2016/10/24/grain-comparison-melanoidin-malt-vs-honey-malt-exbeeriment-results/
http://www.ros.hw.ac.uk/handle/10399/2296
http://www.lci-koeln.de/deutsch/veroeffentlichungen/lci-focus/maillard-reaktion
http://braumagazin.de/article/maelzen/
http://braumagazin.de/malzuebersicht/

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