Die Schönramer Brauerei, Camba Bavaria, Hoppebräu, Bierol und Loncium – eine Vereinsfortbildungsreise mit bleibenden Eindrücken

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Patrick Ziegler, seines Zeichens Bierliebhaber, Bayer und glücklicherweise auch unserer Vereinsschatzmeister hat seine organisatorischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt und eine mehrtägige Fortbildungsreise für unseren Verein organisiert. Ziel war der Besuch von kleinen und mittelständischen Brauereien, deren Namen in der Szene sehr große und bekannte sind. So machten wir uns am Freitag, dem 13.10. auf, um zu diesen renommierten Braustätten zu pilgern. An Bord ausnahmslos bierliebende Menschen, Biersommeliers, Hobbybrauer und mit Felix Prandstätter, sogar ein waschechter Braumeister. Ein ganz großes Dankeschön ergeht hier auch an die Teams in allen besuchten Braustätten, die uns nicht nur zu unchristlichsten Zeiten Besichtigungen ermöglicht haben, sondern uns offen, bereitwillig und freundlich an ihrem Wissen teilhaben ließen. Wir wissen: Das ist nicht selbstverständlich, und deshalb möchten wir uns an dieser Stelle nochmals bei Euch allen bedanken! Die folgenden Berichte und Verkostungsnotizen wurden von Thomas Ascher [TA], Tilo Schwarzbach [TS] und René Rehorska [RR] verfasst und spiegeln dementsprechend ihre subjektiven Blickwinkel wider.

Verein Braucampus zu Besuch bei Loncium (2023)

Brauereibesuch und -führung Schönramer

Private Landbrauerei Schönram (Rehorska, 2023)

Details zur Brauerei

Private Landbrauerei Schönram GmbH & Co. KG
Salzburger Str. 17, 83367 Petting / Schönram
Telefon: +49 (0) 86 86 / 98 80 – 0
Telefax: +49 (0) 86 86 / 98 80 – 40
E-Mail: info@brauerei-schoenram.de
Webseite: https://www.schoenramer.de/de/brauerei-bayern

Besuchsbericht

Die Teilnehmer wurden sehr herzlich und angemessen mit einer Flasche frischen Zwickels von Diplom-Braumeister Markus Kampf, dem 1. Braumeister der Schönramer Brauerei, begrüßt, der sich im Laufe der nächsten beiden Stunden als sehr offener, geduldiger und äußerst kenntnisreicher Brauereiführer erwies. Zur Begrüßung wird gleich ein Schönramer Zwickl geöffnet.

Erstmals historisch erwähnt wurde die Brauerei Schönram als Braustätte 1622, wobei wohl schon vorher Bier in Schönram gebraut wurde. Sie war seither immer in Privatbesitz. Seit kurz vor dem 2. Weltkrieg befindet sich die Brauerei im Besitz der Familie Oberlindober, wobei dieser Namenswechsel durch eine Einheirat in die Familie Köllerer zustande kam und die Brauerei mittlerweile in achter Generation seit 1780 im Besitz der gleichen Familie ist.

Stark aufwärts ging es mit der Brauerei nach 2009 mit der Übernahme durch Alfred Oberlindober. Zurzeit hat die Brauerei einen Jahresausstoß von ca. 100.000 hl und hat 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen 23 mit der Bierproduktion beschäftigt sind.
Der Verkauf erfolgt zu 90 % in der Flasche bzw. über den Handel, wobei sogar viele private Haushalte direkt über einen Hausdienst mit LKW beliefert werden. Aufgrund des hohen Flaschen- und Handelsanteils ist die Brauerei gut über die Corona-Krise gekommen.

Der Verkauf erfolgt zu 90 % in der Flasche bzw. über den Handel, wobei sogar viele private Haushalte direkt über einen Hausdienst mit LKW beliefert werden. Aufgrund des hohen Flaschen- und Handelsanteils ist die Brauerei gut über die Corona-Krise gekommen.

Private Landbrauerei Schönram: Innenhof (Ascher, 2023)

Die Rohstoffe werden vielfach regional bezogen. Das zur Verfügung stehende Wasser hat 18 °dH. Dieses wird in der Brauerei via Umkehrosmose aufbereitet auf 4,5 °dH und 1 °dH Restalkalität.

Bezüglich Braugerste hat die Brauerei in den letzten Jahren mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie alle anderen Brauereien auch: aufgrund der häufigeren Trockenphasen im Sommer steigen seit einigen Jahren die Verkleisterungstemperaturen systematisch an. Diese liegt mittlerweile bei 67 °C. Für 2023 wird ebenfalls eine sehr heterogene Gerstenqualität erwartet, was eine weitere Intensivierung der Maischearbeit bedeutet.

Der Hopfen wird i. d. R. direkt bei Hopfenbauern bezogen, zu großen Teilen aus der Hallertau und auch etwas aus Tettnang. Man achtet auf ein gutes Verhältnis zu den Lieferanten und reserviert auch teilweise Chargen. Verwendete Sorten beinhalten Hersbrucker, Tradition, Saphir, Select sowie Tettnanger. Eingesetzt werden Pellets (sowohl Typ 45 als auch 90). Für 2023 wird die Hopfenqualität gut ausfallen. Die Hopfengaben werden an die jährlichen Gegebenheiten und Schwankungen angepasst.

Braumeister Eric Toft war und ist sehr stark beteiligt an der Züchtung bzw. vor allem der Einführung diverser Hopfensorten.

Das Pils enthält 40 IBU und basiert (wie alle Biere) ausschließlich auf Aromahopfen. Beim Hellen werden drei Hopfungen vorgenommen. Je nach Bier- bzw. Hopfensorte wird auch Vorderwürzehopfung oder Whirlpoolhopfung eingesetzt.

Einmaischen erfolgt bei 50 °C mit i. d. R. 1,4 t Malz. Alle Biere erfahren eine einstufige Dekoktionsstufe, das Bockbier sogar zwei.

Als Beispiel für einen typischen Sud wurden die folgenden Angaben genannt: 50–55 hl Kochwürze, 96,8 °C Siedetemperatur, Pfanne Voll-Würze 10,6–10,8 Gew.%, Ausschlag mit ca. 11 Gew.%, Sudhausausbeute ca. 75 %.

Die Brauerei ist imstande, bis zu sechs Sude am Tag zu fahren. Im Sommer wurden 36 Sude pro Woche gefahren, zurzeit 25–26. Die Brauwoche startet Sonntagabend und läuft bis Mittwoch.

Private Landbrauerei Schönram: Sudhaus (Ascher, 2023)

Nach dem Ausschlag werden alle Sude flotiert. Darunter versteht man eine ein- bis zweistündige Abscheidung des Kühltrubs in einem separaten Tank. Laut Definition treiben dabei durch die Abkühlung ausgefällte Trübstoffe nach oben und können dann abgehoben werden. Dieses Verfahren ist heute nicht mehr sehr verbreitet.

Im Gärkeller angestellt werden die untergärigen Biere bei 7 °C. Auch die untergärigen Biere werden in offenen Gärbehältern vergoren. Die Hauptgärung benötigt sechs bis neun, in manchen Fällen auch zehn Tage. Man legt Wert auf die Faktoren Zeit und Geduld!

Private Landbrauerei Schönram: Gärkeller (Ascher, 2023)

Die gesamte Lagerkapazität beträgt ca. 22.000 hl. Die Lagerdauer beträgt 28–40 Tage, wobei 28 Tage das absolute Minimum darstellen. Während der Lagerung werden mindestens 20 Sude in großen Lagertanks (wir haben später aus einem 1.340 hl-Lagertank gezwickelt) vereinigt. Abschließend wird auf 5–5,2 g CO2/l aufgekräust.

Private Landbrauerei Schönram: Lagertanks (Ascher, 2023)

Vor der Filtration wird 6–7 Tage die Warmstabilität geprüft. Dann erfolgt eine 0,4 µm-Filtration mittels Kieselgur und Feinfiltration, wodurch das Bier stabilisiert wird. Die Mindesthaltbarkeit beträgt vier Monate. Die Qualitätskontrolle ist sehr streng (bzgl. Sauerstoff, Trübung etc.), bevor das Bier in den Drucktank kommt.

Es existiert eine eigene Flaschenwaschstraße, die bis zu 30.000 Flaschen pro Stunde schafft. Der Wasserverbrauch beträgt dabei ca. 170 ml/Flasche. Es erfolgen mehrere Laugenbäder, bei denen die Temperatur nach und nach auf 80 °C erhöht wird, danach erfolgt eine Spülung mit Wasser, wodurch die Flaschen graduell wieder auf 17 °C abgekühlt werden. Eine optische Qualitätskontrolle erfolgt durch einen automatischen „Flascheninspektor“.

Die Flaschenabfüllung erfolgt unter Gegendruck. Dabei wird zunächst Vakuum appliziert, dann mit CO2 gespült, erneut Vakuum angesetzt, und anschließend erfolgt eine CO2-Vorspannung mit passendem Druck. Schließlich wird ein kurzer Wasserstrahl mit Hochdruck in das Bier geschossen (Hochdruckeinspritzung oder HDE), um dieses nochmals leicht aufzuschäumen und um Sauerstoff aus der Flasche zu verdrängen, dann erfolgt die sofortige Verkorkung. Vor Auslieferung erfolgt nochmals eine mikrobiologische Kontrolle für 5 Tage.

Private Landbrauerei Schönram: Abfüllanlage (Rehorska, 2023)

Wir durften nach der sehr ausführlichen Brauereiführung ein rustikales und leckeres Mittagessen im angeschlossenen „Schönramer Braustüberl“ genießen. [TS]

Verkostungsnotizen

Schönramer Zwickl

Zwickel, 5,1 Vol.% (Flasche, direkt): mildes, harmonisches, nicht zu bitteres Bier direkt aus der Flasche. Da bei Flaschenverkostung das Bier direkt in dünnem Strahl im Mundraum nach hinten läuft und so gut wie kein Kopfraum für die Aromawahrnehmung über die Nase zur Verfügung steht, sind die geschmacklichen Eindrücke eher begrenzt bzw. betonen vor allem die Bittere. In jedem Fall konnte der in österreichischen Zwickelbieren aufgrund der dort recht üblichen Verwendung von Weizenmalz typische süßliche Körper nicht wahrgenommen werden. Beim Schönramer Zwickel handelt es sich um ein klassisches untergäriges Bier nach deutschem RHG ohne Weizenmalz. [TS]

Ich habe das Schönramer Zwickl als ein sehr harmonisches, schlankes und extrem süffiges und erfrischendes Zwickel mit einer ganz feinen Hefenote und einer schön ausklingenden, edlen Bittere erlebt [RR].

Schönramer Hell

Helles, 5 Vol.% (gezwickelt aus dem Lagertank): noch etwas trüb und kantig mit wahrnehmbaren Hefenoten und entsprechendem Mundgefühl, ansonsten frisch, schon vielversprechend und (natürlich) sehr sauber vergoren. [TS]

Schönramer Surtaler

Surtaler Schankbier 3,5 Vol.% (Bräustüberl, Glas): mildes, helles, sauber vergorenes und harmonisches Schankbier. Nicht sonderlich aufregend, aber auch auf keinen Fall dünn oder leer, was aufgrund des niedrigen Stammwürze- und Alkoholgehalts keine Selbstverständlichkeit ist. Gutes Bier, das m. E. spielend mit stärkeren Vertretern aus der „Industrieklasse“ mithalten kann. [TS]

Das Surtaler hat mich beeindruckt, weil es nach deutlich mehr geschmeckt hat, als die 8,8 °P ausloben. Aufgrund des Körpers und der Würzigkeit hätte ich das Bier für ein Vollbier gehalten, hätte ich vorher nicht bereits gewusst, dass es sich um ein Schankbier handelt [RR].

Brauereibesuch und -führung Camba Bavaria

Camba Bavaria (Ascher, 2023)

Details zur Brauerei

Camba Bavaria GmbH
Gewerbering 3, 83370 Seeon
Telefon: +49 86 24 / 40 73 300
E-Mail: office@cambabavaria.de
Webseite: https://www.camba-bavaria.de

Besuchsbericht

Etwas abgelegen im Ort Seeon, in einem von außen unscheinbar wirkenden Industriegebäude, ist die Brauerei Camba Bavaria beheimatet. Sie teilt sich dieses Gebäude mit der Firma BrauKon, aus der die Brauerei ursprünglich als Showroom zur Demonstration für deren Brauanlagen hervorgegangen ist. Die Brauerei selbst besitzt einen integrierten Taproom, in dem 20 Biere vom Fass verkostet werden können, einen integrierten Shop und sogar eine eigene Bäckerei. Insgesamt sind am Standort ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, von denen der Großteil für BrauKon arbeitet.

Führungen und Verkostungen können in verschiedenen Ausführungen gebucht werden. Das Spektrum beginnt hierbei bei einer selbst geführten Tour für 5 €, für die keine Anmeldung erforderlich ist. Alle weiteren Angebote sind vorab über die Webseite der Brauerei zu buchen.

Camba Bavaria: Schaubrauerei und Tap Room (Ascher, 2023)

Als Hobbybrauer/-innen hatten wir bei einer auf unseren Wissensstand angepassten Führung auch die Möglichkeit, einen Blick in die Produktionshalle der Firma BrauKon zu werfen. Diese plant und verwirklicht schlüsselfertige Brauanlagen in der Größe von 5–200 hl, die weltweit exportiert werden, sogar bis Papua Neu Guinea. Am Standort werden Sudhäuser in allen Größen versandfertig zusammengebaut und schließlich vor Ort durch BrauKon-Teams betriebsfertig hergerichtet. Danach stand noch die Besichtigung der alten Brauanlage vom vorherigen Standort der Brauerei und dem Lagerbereich an. Im Brauprozess finden primär Malze von Bestmalz Anwendung, aber auch Spezialmalze von Weyermann und Castle Malting waren im Lager auszumachen.

Die Brauerei hat einen Jahresausstoß von ca. 15 hl. Bis zu 3.000 Flaschen/h können abgefüllt werden. Mittlerweile wird allerdings zunehmend auf Dosen bei der Abfüllung gesetzt – hier entwickeln sich die bis vor wenigen Jahren noch üblichen Flaschen mittlerweile zu „Ladenhütern“. Dank des sehr geringen Gastronomieanteils der gebrauten Biere konnte der Bierausstoß während der Corona-Pandemie verdoppelt werden.

Nach der Führung hat es sich unsere Runde vor dem obligatorischen Einkauf bei einer Bierverkostung für je 25 € pro Person gut gehen lassen. Die Verkostung beinhaltet fünf verschiedene Biere vom vorhandenen Sortiment frei nach Wahl. Dazu wurden großzügig belegte Platten mit Käse und Wurst inklusive des hervorragenden Brots aus der hauseigenen Bäckerei gereicht.

Bei Camba Bavaria besteht auch die Möglichkeit des Lohnbrauens. Dazu müssen alle benötigten Rohmaterialien selbst mitgebracht werden, inklusive des eigenen Wassers. Die Kleinbrauerei Kraftpaule aus Stuttgart hat hier bis vor kurzem noch quasi dauerhaft gebraut. Der Brauprozess erfolgt betreut. [TA]

Verkostungsnotizen

Die verkosteten Biere waren m. E. durch hohe bis sehr hohe Qualität gekennzeichnet, d. h. Abwesenheit von Braufehlern, aromatische Tiefe, Charakter und Harmonie. Angesichts der schieren Anzahl der zur Verfügung stehenden Biere ist das allein schon mindestens bemerkenswert.

Die Biere wurden bis auf den Doppelbock vom Fass ausgeschenkt und aus den hauseigenen Verkostungspokalen (Teku-ähnlich) getrunken.

§ 14, Grünhopfenpils, 5,5 Vol.%: frisch wirkendes, recht klar als grüngehopftes Pils zu erkennendes Bier mit nicht überwältigenden, aber deutlich präsenten grün-floralen Hopfennoten und leichtem Malzkörper. Angenehm und lecker. [TS]

New Zealand Sunset, Red Ale, 6,5 Vol.%: kastanienbraunes, harmonisches Red Ale mit schönen, an Karamell und Schokolade erinnernden Malznoten, deutlich cremig und vollmundig. Nicht als mastig empfunden. Spezifische Hopfennoten konnte ich nicht wahrnehmen, sind aber in diesem Bierstil auch eher untergeordnet. Ausgewogene und harmonische Bittere, lecker. [TS]

Black Shark, Imperial BIPA, 8,5 Vol.%, 100 IBU: trotz der hohen Bittereinheiten ein sehr harmonisches Bier mit deutlicher Hopfenpräsenz im Aroma, harmonischem Körper mit Kaffee- und Schokoladennoten und knackig-bitterem Abgang. Der Bierstil ist eigentlich weniger mein Fall (ich bevorzuge bei dunklen Starkbieren eher die weniger bitteren und malzaromatischeren Baltic Porter), ist hier aber m. E. auf jeden Fall sehr gelungen und hat, wie ich im Nachhinein festgestellt habe, auch schon mehrfach Medaillen bei den World Beer Awards gewonnen. [TS]

Mastrobator, im Bourbon-Eichenfass gereifter Doppelbock, 8,5 Vol.%: grandios, harmonisch, wunderbar weich, keine der sonst öfters präsenten Fuselöle (höhere Alkohole) und harschen Aromen. [TS]

Übernachtung in Aying

Weißwurst-Frühstück im Brauereigasthof Hotel Aying (Rehorska, 2023)

Leider nur für einen Zwischenstopp und die Übernachtung geht es weiter nach Aying in Oberbayern. Die Brauerei Aying muss bieraffinen Menschen wohl nicht eigens vorgestellt werden, ebenso wenig wie die Perlen bayerischer Bierbraukunst wie die Ayinger Urweisse, das Ayinger Jahrhundert Bier oder der Celebrator. Zumindest wird der neue Tag mit einem Weißwurst-Frühstück samt Urweisser im Brauereigasthof Ayinger begonnen, bei dem eines sehr klar wird: Der österreichische Humor harmoniert bestens mit dem Bayerischen, und das Service des Brauereigasthofs hat für dieses herrlich vergnügliche Frühstück noch ein gesondertes, besonders großes Lob verdient. Die österreichische Unsitte, mit einem bestellten „Großn“ eigentlich a bayerische „Hoiwe“ [håiwe] und keine Mass zu meinen, sorgt immer wieder für ausgelassene Heiterkeit aufgrund kultureller Missverständnisse. Freilich besonders um 8 Uhr morgens [RR].

Verkostungsnotizen

Ayinger Urweiße, Hefeweizen, 5,8 Vol.% (Ayinger Bräustüberl, Fass): Orange- bis bernsteinfarbenes Hefeweizen. Ein süßer und angenehm vollmundiger Hefe- und Malzkörper ist deutlich spürbar, aber das Aroma des Biers wird eindeutig von komplex-fruchtigen Hefearomen (u. a. Banane) dominiert. Gehört in seiner Kombination aus vollmundiger Aromafülle, Ausgewogenheit und gleichzeitig Durchtrinkbarkeit völlig zu Recht zur absoluten Spitzenklasse und ist serieller Goldmedaillengewinner unter den Hefeweizen. Ihr geneigter Verkoster hat außerdem sehr gründlich den Aspekt der Durchtrinkbarkeit geprüft und dabei festgestellt, dass dieses wunderbare Bier auch nach drei „Hoiwen“ immer noch ausgezeichnet und zum Weitertrinken einladend frisch wie nach dem ersten Schluck schmeckt! [TS]

Brauereibesuch und -führung Hoppebräu

Hoppebräu (Ascher, 2023)

Details zur Brauerei

Hoppebräu GmbH
Tölzer Str. 37, 83666 Waakirchen
Telefon: +49 (0) 8021 – 5077143
E-Mail: info@hoppebraeu.de
Webseite: https://www.hoppebraeu.de

Besuchsbericht

Bei etwas trübem Wetter wurden wir von Markus Hoppe, Braumeister und Geschäftsführer von Hoppebräu, am späten Samstagvormittag außerhalb des beeindruckenden Brauerei- und Gastronomiegebäudes in Waakirchen begrüßt. Markus Hoppe hat eine durchaus bewegte Lebensgeschichte, an der er uns hat teilhaben lassen. 2010 begann seine Geschichte als Hobbybrauer in der eigenen Küche während der Ausbildung zum Brauer und Mälzer. Zu dieser Zeit begann die Aufbruchsstimmung aus der Craft-Beer-Bewegung heraus. Die ersten Sude waren erfolgreich.

2012 zog es ihn nach Mauritius, er hilft mit in einer dort ansässigen Brauerei und arbeitet viel mit Zutaten sowie Bieren außerhalb des deutschen Reinheitsgebots. 2014 kommt er zurück und beginnt mit dem Aufbau der eigenen Brauerei, sowohl als Kuckucksbrauer (z. B. bei Wildbräu in Grafing) wie auch in der gefliesten Schlachterei der Großeltern. Zur gleichen Zeit erfolgt die Weiterbildung zum Braumeister. 2018 ist Baubeginn am jetzigen Standort und Ende 2018 wird der erste Sud gebraut („Wuider Hund“), direkt danach ein IPA („Vogelwuid“).

Die Brauerei ist recht beeindruckend: eine große Halle mit Holzverkleidung, drinnen ein 20 hl 2-Gräte-Sudhaus, eine Büroebene mit viel Glas sowie ein separater Gastronomiebereich („Hoppebräus Zapferei“), in dem man so gemütlich wie zünftig essen und trinken kann.

Hoppebräu: „Qualitätskontrolle“ an den Lagertanks (Ascher, 2023)

Wir besichtigten die gesamte Brauerei. Eine lohnende Anschaffung war eine 4-Walzenmühle. Diese wird als wichtig für die gesteigerte Qualität betrachtet, denn man erhält so eine weitaus bessere Kontrolle über die Schrotqualität, was gerade bei einem empfindlichen Hellen eine große Rolle spielt. An der Mühle befindet sich außerdem eine Vorrichtung, mithilfe derer nicht zu schrotende Zutaten (z. B. Haferflocken) an der Mühle vorbeidosiert werden können.

Sehr wichtig ist auch die Wasseraufbereitung. Das örtliche Wasser (18 °dH) wird mithilfe eines Ionenaustauschers und Umkehrosmose auf eine Wasserhärte von 4 °dH und eine Restalkalität von 3 °dH eingestellt, dann mittels Calciumchlorid auf eine Brauwasserqualität von -1 °dH Restalkalität modifiziert.

Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf dem Energiemanagement der Brauerei. Größter Energieverbraucher ist die Kühlung. Energiebelieferung (Strom und Gas) erfolgt über günstige Rahmenverträge über den Bayerischen Brauerbund. Hier lohnt sich ganz offenbar der Jahresbeitrag in Höhe von ca. 800 € pro Jahr!

Das Sudhaus stammt von Rolec und weist ein paar Besonderheiten auf, z. B. ein dezentrales Maischerührwerk, das die Durchmischung der Maische verbessert (man hat hier eine technologische Anleihe aus dem Pharmaziebereich genommen). Das Hackwerk ist ebenfalls speziell. Es werden 78 % Sudhausausbeute erzielt, was Markus Hoppe auf drei wesentliche Faktoren zurückführt: die Schrotsortierung, die etwas spezielle Maischearbeit und das während dem Läuterprozess dauerhaft laufende Hackwerk.

Hoppebräu: Sudhaus (Harrer, 2023)

Ebenso wichtig für die Qualität des Hellen: es verbleibt sechs Wochen im Lagertank. Es hat einen sehr hohen EVG von 82 %.

Wirtschaftlich ist die Brauerei gut durch die Coronazeit gekommen. Der hohe Handel- (ca. 80 %) und gleichzeitig niedrige Gastroanteil (ca. 20 %) des verkauften Biers hat sich hier als vorteilhaft erwiesen. Im Kundenkontakt bzw. in der Belieferung fährt die Brauerei bei hoher Nachfrage ein sogenanntes „Zwiebelprinzip“: es werden zunächst die weiter weg liegenden Kunden nicht mehr beliefert bzw. die regionalen Abnehmer bevorzugt.

Im Anschluss an die lange und sehr informative Brauereiführung dürfen wir ein köstliches Mittagessen in der Zapferei einnehmen. Viele Teilnehmer lassen es sich außerdem nicht nehmen, die sehr leeren Gepäckräume im unteren Bereich des Reisebusses mit ihren Anschaffungen zu befüllen. [TS]

Hoppebräu: Zapferei (Harrer, 2023)

Verkostungsnotizen

Helles (4,9 Vol.%, direkt gezwickelt aus dem Lagertank): schon sehr vielversprechendes Bier, noch etwas trüb, für ein Helles auffällige, aber angenehme zitrusige Hopfennote. [TS]

Gipfelweiße (6,1 Vol.%, Zapferei): dunkles Hefeweizen, das als Collab Brew von Hoppebräu, Orcabräu, Guggenbräu und dem Bierdoktor entstanden ist. Kräftig-malziges dunkles Hefeweizen, dessen Schwerpunkt klar auf dem weichen, vollmundigen und malzig-süßen Körper liegt, das aber auch fruchtige Hefe- und möglicherweise sogar ebensolche Hopfennoten aufweist. Sehr gelungen! [TS]

Tap Room Besuch Bierol

Bierol (Schwarzbach, 2023)

Details zur Brauerei

Bierol GmbH
Sonnendorf 27, 6334 Schwoich
Telefon: +43 (0) 660 4977795
E-Mail: info@bierol.at
Webseite: https://www.bierol.at

Besuchsbericht

Ein aufgrund des Zeitplans leider nur sehr kurzer Zwischenstopp kann bei Bierol eingenommen werden. Die mehrfach prämierte Tiroler Brauerei ist in einem ehemaligen Bauernhof eingerichtet und zeigt so gleichsam ein sehr interessantes Konzept für die Nachnutzung von alten Höfen. Bierol ist eine „Familien- und Freunde“-Brauerei, 2004 gegründet von Peter Bichler, der das Maischscheit an seinen Sohn Christoph übergab. Dieser braut mit seinen Freunden Max und Marko innovative und unglaublich interessante Sude, die immer wieder Auszeichnungen einfahren. Aktuellstes Beispiel dafür ist das „Ku Brew“, ein Bier auf Molkebasis, das den 1. Tiroler Lebensmittelinnovationspreis gewonnen hat. Dieses faszinierende Bier ist ein Kollaborationssud, der ungewöhnlicher nicht sein kann: Bierol hat sich hier mit den Milchbuben aus Hopfgarten zusammengetan, einer Kreativ-Käserei, die in der Milchverarbeitung so etwas wie das Pendant zur handwerklichen Kreativbrauerei darstellt.

Die Lage des Schwoicher Hofs ist postkartengleich idyllisch, vom Schwoicher Stöfflhof blickt man den Scheffauer hangaufwärts, während Kühe an der Kulisse vorüberziehen und den Bierpilgern in tirolerischem Dialekt zumuhen.

Die Brauerei befindet sich zurzeit in einer Umbauphase, eine sich wunderbar harmonisch in die Natur einfügende, holzdominierte Halle wurde bergwärts auf dem Schwoicher Hof errichtet. Diese beherbergt nicht nur die Gär- und Lagertanks, sondern ebenfalls die äußerst spannenden Holzfass- und Sauerbier-Experimente der Brauerei, von denen wir aufgrund der besten Kontakte unseres mitgebrachten Braumeisters, Felix Prandstätter, tatsächlich auch kosten dürfen.

Bierol: Sudhaus (Ascher, 2023)

Das Vergnügen währt leider nur kurz, die Zeit reicht gerade noch aus, um bei Lisa Luginger-Bichler, die mit Christoph Bichler gemeinsam die Brauerei leitet, eilig eine Kiste des neuen Sondersuds „The Grain“ zu kaufen: ein Saison auf der Basis von Gerste, Dinkel, Roggen, Weizen und Hafer. Umso mehr Zeit für den Genuss des gekauften Bieres bieten dafür die folgenden zwei Stunden im Bus, der von der Buskapitänin Billie mit sicherer Hand über Tiroler Serpentinen gesteuert wird, in Richtung unserer letzten Station in Kärnten [RR].

Bierol: Verkostung im Tap Room (Ascher, 2023)

Verkostungsnotizen

Schwoicher Weiße (4,9 Vol.%, Tap Room): eher untypisches, etwas unausgewogenes Hefeweizen. Etwas zu hohe Bittere, nach einer Weile drängt sich außerdem ein etwas unpassendes, an roten Apfel erinnerndes Aroma in den Vordergrund. Noch ok, aber insbesondere nach einigen Tagen mit exzellenten Hefeweizen fällt dieser Vertreter doch etwas ab. [TS]

The Padawan (5,6 Vol.%, Tap Room): cremiges, sehr saftiges und helles Pale Ale mit deutlichen Mango- und Zitrusnoten, kräftige, aber harmonische Bittere, trockener Abgang. Sehr lecker und sicherlich zu Recht das Flaggschiff der Brauerei. [TS]

Brauereibesuch und -führung Loncium

Biermanufaktur Loncium: Bierhotel (Ascher, 2023)

Details zur Brauerei

Biermanufaktur Loncium
Mauthen 60, 9640 Kötschach-Mauthen
Telefon: +43 (0) 664 88941055
E-Mail: bier@loncium.at
Webseite: https://www.loncium.at

Besuchsbericht

Das letzte Ziel der Fortbildungsreise führt in den kärntnerischen Bezirk Hermagor, in die Gemeinde Kötschach-Mauthen. Auf den ersten geografischen Blick erscheint die Gemeinde eher abseits gelegen. Reisende allerdings, denen Slow Food ein Begriff ist, werden wissen, dass sich hier neben der Edelgreißler Herwig Ertl auch eine der besten Brauereien Österreichs befindet: die Biermanufaktur Loncium.

Der Name der Brauerei geht auf die antik-römische Bezeichnung eines der Ortsteile zurück. Die Biermanufaktur Loncium zeichnet für zahlreiche prämierte Biere verantwortlich und hat sich eine ausgezeichnete Reputation in der Branche erarbeitet. Lernt man Alois Planner, den Eigentümer und Geschäftsführer, kennen, dann verwundert das auch nicht. An einem verregneten Sonntagvormittag eine Führung durch eine Brauerei zu bekommen, das ist an und für sich bereits schon keine Selbstverständlichkeit. Alois absolviert davor aber auch noch bei 12 °C und Regenwetter seine morgendliche Laufrunde. Dieselbe Energie und Leidenschaft steckt er ebenfalls in die Brauerei, das ist während der Führung deutlich spürbar.

Biermanufaktur Loncium: Gärkeller (Harrer, 2023)

Biermanufaktur Loncium: Sudhaus (Ascher, 2023)

Zwischen seinen Anfängen als Hobbybrauer, der Gründung der Loncium Biermanufaktur gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Festritzer und dem heutigen Tag liegen mittlerweile 15 bewegte Jahre, die sich durchaus als österreichische Erfolgsgeschichte lesen lassen. Seit 2014 wird auf einem Rolec-Sudhaus gebraut, und auch die sonstige technische Ausstattung der Brauerei ist beeindruckend. Das oftmals bediente Klischee der improvisierten Craftbeer-Garagenbrauerei sucht man hier vergebens. Von der Vierwalzenmühle über das Rolec-Sudhaus mit dezentralem Maischerührwerk über den Rolec-Dryhopnik bis hin zur Cross-Flow-Filtrationsanlage und dem Kammerpasteur ist die technische Ausstattung beeindruckend.

Biermanufaktur Loncium: Abfüllanlage (Ascher, 2023)

Dasselbe gilt für die Qualitätssicherung, denn laborseitig ist die Bestimmung der Zellviabilität längst Standard und die Biere werden mittels RT-PCR auf Fremdhefen und andere Bierschädlinge hin kontrolliert. Das zeugt von einem Bewusstsein für kontinuierliche Prozessoptimierung und konstante Produktqualität. Für die Produktqualität spricht dann auch die beeindruckende Liste an nationalen und internationalen Auszeichnungen der Loncium-Biere. Das Biertyp-Portfolio von Loncium betrachtend, wirkt das umso beeindruckender. Von alkoholfreien NEIPAs dank maltosenegativer Hefen (Loncium Hazy Neipa alkoholfrei) bis hin zum klassischen Bayerischen Hellen (Loncium Classic) sind alle üblichen Verdächtigen mondäner Bier-Provenienz vertreten.

In Anbetracht der Vielzahl an obligatorisch zu verkostenden Bieren ist es sehr vorteilhaft, dass sich das Bierhotel Loncium gebäudetechnisch direkt an die Brauerei anschließt. Einmal umfallen sozusagen, im wortwahrsten Sinne. Das Bierhotel Loncium wird von Barbara Planner betrieben, die uns am letzten Tag der Saison noch ein warmes Mittagessen vor der Heimfahrt ermöglichte, fünf Minuten vor dem Zusperren sozusagen.

Alois ließ es sich selbst hier nicht nehmen, sich zu uns zu setzen und aus dem brautechnischen Nähkästchen zu plaudern. Ungeschrotetes Röstmalz der Maische zugegeben sorgt für Farbeintrag bei minimaler Röstaromatik – solche Tipps aus der professionellen Braupraxis bestätigen letztlich alle Brauereipilgernden in ihrer Motivation, mit den Braumeisterinnen und Braumeistern in den persönlichen Austausch zu treten [RR].

Verkostungsnotizen

Loncium Hazy NEIPA Alkoholfrei, 0.5% (Flasche): sehr fruchtiges, saftiges und bis auf einen leichten Körper absolut stiltypisches NEIPA – allerdings ohne Alkohol! Auffällig ist hier vor allem, dass die in den meisten alkoholfreien Bieren deutlich präsenten Bierwürzenoten und hohe Restsüße fehlen. Diese sind untrügliches Zeichen des ansonsten weit verbreiteten Herstellungsverfahrens alkoholfreier Biere aus gestoppter Gärung und sorgen i. d. R. zuverlässig dafür, dass spätestens bei der zweiten Flasche das Trinkvergnügen merklich nachlässt. Hier nicht – und das ist ein eindeutiger Verdienst des maltosenegativen Hefestamms, der für die Gärung verwendet wurde (und selbstverständlich von Braumeister Alois, der hier auch verfahrenstechnisch beträchtlichen Aufwand betrieben hat – es wurde aufgrund der erhöhten Hygieneanforderungen dieser Hefestämme und Biere eigens ein Pasteurisierer angeschafft). Auch die sonstigen Aromen (insbesondere die fruchtigen Hopfennoten) waren stiltypisch und harmonisch eingebettet. Insofern fand ich das Hazy NEIPA sehr beeindruckend – und deutlich herausstechend aus einem Meer aus mehr oder weniger süßlichen alkoholfreien Bieren mit Würzegeschmack! [TS]

Loncium CarinthIPA, 14 °P, 5,6 Vol.%, 40 IBU: Eine Premiere, wie mir Alois an diesem Sonntagmittag kurz vor unserer Heimreise verrät. Ist das CarintIPA vor mir doch durch die Cross-Flow-Filtration gegangen. Ein herrlich schnörkellos geschliffenes IPA, trocken, hopfenbetont, sehr sauber und schlank – im Zeitalter der trüben Hopfenbomben vermisse ich solche Biere. Das CarinthIPA wird von manchen Händlern als Session IPA angeboten, das mag ob des Alkoholgehalts und der Bittere zwar vorerst irritieren. Bezogen auf die außergewöhnlich gute Trinkbarkeit ist diese Bezeichnung aber durchaus angemessen. Es ist alles da, was ich an West Coast IPAs der alten Schule in letzter Zeit vermisst habe. Und noch viel mehr. Eine fruchtig-tropische Wolke an Hopfenölen, ätherische Grapefruit, Maracuja, etwas Pinienharz; am Gaumen sehr schlank, aber ausreichend Körper und Restextrakt, um die kräftige Bittere auszubalancieren, die wunderschön neutral nachklingt, den Eindruck von vitaler Frische hinterlässt und gleich einem Bitter-Tonikum kühl erfrischt. Hierbei keinerlei grasige Noten und auch keine Adstringenz, die der Trinkbarkeit entgegenstehen. Ein herrlich harmonisches und doch kräftiges IPA, das unglaublich perfekt die Hopfenaromatik, die starke Bittere, den spürbaren Alkoholgehalt und den schlanken Körper ausbalanciert. Ein IPA, das sich willkommen widerstandslos trinken lässt, auch in großen Mengen [RR].

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